lesbar

Der Entscheider schaut auf die Uhr. Dann schreibt er etwas in Sayids Akte, die vor ihm auf dem Tisch liegt. Der Dolmetscher starrt auf das welke Ahornblatt, das Sayid am Stiel hin und her dreht.

»Sie sind also als blinder Passagier gereist. Die ganze Strecke, von Somalia bis Hamburg. Habe ich das richtig verstanden?«

Sayid nickt – und weiß genau, wie die nächste Frage lautet.

»Wie hieß das Schiff?«

Natürlich wollen sie den Namen wissen. Alles, was er hier sagt, wird irgendwie nachgeprüft, weiß Sayid. »Erfinde nichts hinzu«, hat man ihn in der Flüchtlingsberatung ermahnt. »Du darfst niemals in deinem Leben lügen«, hat sein Vater immer gesagt – und sein Vater ist ein weiser Mann, auf den er schon einmal nicht gehört hat.

Karl erschien mir immer als blau. Wir kannten uns schon seit unserer gemeinsamen Kindergartenzeit und waren dicke Freunde, auch später auf der Grundschule und dem Gymnasium. Fast jeden Nachmittag trafen wir uns, und während all dieser Zeit kam er mir irgendwie blau vor. Ich meine damit nicht seinen Alkoholspiegel, obwohl dieser zuletzt immer öfter auch diese Art von Blau-Sein verursachte. Nein, ich meine wirklich die Farbe Blau. Natürlich war er nicht wirklich blau. Nicht, dass man hätte sehen können, wie er blau gefärbt gewesen wäre – an Händen oder Füßen oder gar im Gesicht. Vielmehr war es mein Bild von ihm, das ihn in dieser Farbe zeigte. Für mich hatte er immer etwas Blaues, in etwa so, wie die Zahl Zwei für mich weiblich und meine EC-Karten-PIN eine bestimmte Melodie ist.

»Patsch!«, rief Edmund, als wieder ein fettes Insekt auf der Windschutzscheibe zerplatzte. Der Scheibenwischer schmierte einen besonders unschönen Streifen über das Glas, und aus den Wischwasserdüsen sprudelten nur noch kleine Bläschen. Edmund fluchte. Nach nunmehr dreihundertfünfzig Autobahnkilometern wurde ihm die ganze Sache jetzt eigentlich zu undurchsichtig, doch er war spät dran. Die vom Navi prophezeite Ankunftszeit ließ keinen großen Spielraum mehr. Dieser Druck saß ihm im Nacken und pflanzte sich fort bis zum Gaspedal. »Fahr lieber etwas langsamer, dann kommst du schneller an«, war für gewöhnlich sein Wahlspruch, doch heute musste er ihn verdrängen so gut er konnte.

Anna hat endlich einen Freund. Er ist ihr erster fester Freund überhaupt, und er ist sehr aufmerksam. Fühlt sie ein neues Bedürfnis aufkommen und grübelt darüber nach, wie sie es ihm mitteilen will, so kommt er ihr meist zuvor und stillt es, ehe sie auch nur den Mund öffnen kann. Schaut sie ihm tief in die Augen, so meint sie bisweilen zu erkennen, wie er seinerseits in ihren forscht, ob es dort nicht einen Wunsch zu lesen gibt. Und wenn sie sich nicht vorsieht und einen von ihnen nicht tief genug in sich vergräbt, so findet sie ihn nicht selten anderntags erfüllt. Diese und nicht wenig andere seiner Eigenschaften sind unleugbar dazu geeignet, eine Frau in den siebten Himmel zu bugsieren, doch Anna achtet peinlich darauf, dass ihr gerade dies nicht widerfährt.
Sie ist vielleicht verliebt, doch ganz sicher nicht verklärt.

           
Entgrenzt – Wenn künstliche Intelligenz die natürliche sucht

Schon lange angekündigt und von vielen erwartet: der erste Roman von . Titel und Untertitel lauten: Entgrenzt – Wenn künstliche Intelligenz die natürliche sucht. Diese Geschichte – spannungsreich und philosophisch – handelt von künstlicher und natürlicher Intelligenz und beleuchtet sehr kurzweilig die Eigenheiten und Widersprüche des menschlichen Wesens.

Nach drei Kurzgeschichtenbänden und einer viel zu langen Pandemiezeit erscheint mit Wagnis nun endlich wieder ein Buch von – diesmal eine einzelne Geschichte, eine Novelle über Pazifismus in Zeiten des Krieges.

Mama hält mich fest, wenn ich lache – Ein Brief und zwölf Kurzgeschichten

Mama hält mich fest, wenn ich lache ist der Titel des dritten Buches von . Neben zwölf neuen Kurzgeschichten enthält dieser Band auch einen fiktiven Brief eines berühmten Mannes an eine deutlich weniger bekannte Frau mit einer sehr spannenden Persönlichkeit.

Wunderwerk Text – Wettbewerbsanthologie 2019 der Gruppe 48

In dieser Anthologie ist der Text veröffentlicht, für den ich beim zugehörigen Wettbewerb den ersten Preis gewonnen habe :-)

Weltfrieden ist aus – Fünfzehn Kurzgeschichten und ein Nachwort über die Erfindung der weiß-blauen Friedenstaube

Mit Weltfrieden ist aus hat seine zweite Kurzgeschichtensammlung herausgebracht. Fünfzehn Kurzgeschichten tummeln sich darin sowie ein Nachwort über die Erfindung der weiß-blauen Friedenstaube, wie sie das Buchcover ziert.

Märzchen im November – Dreizehn nicht unerhebliche Erzählungen und eine nur so zum Spaß

Märzchen im November ist s erstes eigenständiges Buchprojekt. Der Untertitel lautet: Dreizehn nicht unerhebliche Erzählungen und eine nur so zum Spaß. Einige von ihnen sind im Vorfeld bereits in Anthologien untergekommen oder haben Preise gewonnen.

Artikel-Auswahl (6/18)
alle anzeigen
(c) www.petercoon.de     - 24ms -     Kontakt     Impressum     Datenschutz     RSS-Feed